Es änderte sich Vieles
Ich half Pater Hodapp, der herzkrank war und ein Gästehaus neben dem Provinzialhaus gebaut hatte. Ich sollte die Fertigungsarbeiten überwachen und sonstige Einkäufe und Arbeiten übernehmen. Das ging alles recht gut bis Mitte April. Pater Hodapp starb an einem Herzversagen in den frühen Morgenstunden des 17. Aprils. Das war dann ausschlaggebend für meine volle Bestimmung ins Provinzialhaus. Pater Hodapp war auch Provinz Prokurator und so wurde ich gebeten diese Arbeit zu über- nehmen. Es fing damit für mich die Arbeit in der Verwaltung der Provinz an. Ich fuhr noch einmal die Woche zurück nach Nsawam zur Schneiderei um zu helfen mit Zuschneiden. Das starb auch aus als mein vermeintlicher Nachfolger die Gesellschaft verließ. Ein guter Schneider hatte bei uns gearbeitet. Ich schlug vor er solle seine eigene Werkstätte aufbauen und wir werden ihm alle Arbeiten geben. Das tat er auch und es war eine gute Lösung.
Als Pater Hodapp starb war das Gästehaus auch fertig gestellt. Nach der Einweihung durch Bischof Bowers hatten wir dann Platz für etwa zwanzig Patres und Brüder die bei uns wohnen wollten wenn sie geschäftlich in der Hauptstadt zu tun hatten. Ich hatte alle Hände voll zu tun. Als Prokurator musste ich mich um die Finanzverwaltung kümmern, Buchungen für Urlaubsreisen machen, Einkaufen und Verwalten. Ende des Jahres kam dann ein Bruder von Irland der die Leitung des Gästehauses übernahm und mir eine große Hilfe war.
Über die nächsten Jahre änderte sich nicht viel in meinem Wirkungsbereich. Von jetzt ab durften wir nach drei Jahren Dienst für drei Monate in Heimaturlaub gehen. Eine Ablösung für drei Monate war bedeutend einfacher als früher. Der Provinzial wurde immer nach drei Jahren gewählt, konnte aber zum zweiten mal die Amtszeit innehaben. Nach sechs Jahren kam auf jeden Fall ein Wechsel. Pater Schneider wurde 1971 durch Pater Hotze abgelöst. Ich wurde auf meinem Posten belassen.
1973 nahm ich die Gelegenheit war in Nemi, Italien an einem Tertiatskursus teil zu nehmen. Wir alle waren angehalten nach einer gewissen Zeit diese Gelegenheit zu benutzen. Dadurch war ich wiederum acht Monate weg von Ghana. Erfrischt und munter kam ich wieder zurück und nahm meine gewohnte Arbeit wieder auf. Es war nicht nur körperliche Arbeit die uns anstand, es waren Geistessammlungen und Exerzitien auf dem Jahresplan. Die tägliche Ordnung fing mit Morgengebet und der Heiligen Messe an. Wir waren in erster Linie Missionare und so hatten wir immer wieder Gelegenheit geistige Kraft zu schöpfen.
Wir waren sehr darauf aus einheimische Berufe für unsere Gesellschaft zu bekommen. Von den Brüdern ist oben schon erwähnt und jetzt bekamen wir auch die ersten jungen Leute die sich für den Priesterberuf eigneten und berufen fühlten. Bis jetzt kamen aber alle Gelder zum Unterhalt der Mission von Europa oder Amerika. Wir mussten an etwas denken was einmal Einnahmen für die Provinz hier lokal sein könnten. Eine Buchhandlung schwebte mir immer vor und wir machten das auch eine Wirklichkeit. Im Oktober 1975 fing ich mit dem Catholic Book Centre an. Mit zwei Angestellten fingen wir an und es entwickelte sich recht gut. Bis Mitte 1977 leitete ich die Buchhaltung neben meiner gewohnten Arbeit. Dann konnte ich den Job des Prokurators an einen andern Mitbruder übergeben und ich widmete mich ganz dem Laden. Praktisch alle Bücher mussten von England oder Amerika eingeführt werden. Zum größten Teil verlegten wir uns auf religiöse Bücher. Die Verkaufsschlager waren Bibeln, Messbücher und sonstige Gebet- und Gesangbücher sowie sehr begehrte Kalender. Wir hatte auch eine große Auswahl an religiösen Titeln die aber Devotionalien und Rosenkränze waren auch immer sehr gefragt. Ghanaische Künstler konnten ihre Produkte bei uns ausstellen und wir verkauften sie. In den folgenden Jahren wuchs unser Umsatz und wir konnten einen kleinen Teil als Gewinn an die Provinz abtreten. Im Dezember 1979 kam Stephan, einer meiner Neffen, als erster zu einem Besuch nach Ghana.
Die Kirche bekam auch ein anderes Gesicht in Ghana, einheimische Priester, Brüder und Schwestern nahmen rasant zu. 1971 wurde Pater Dominik Andoh zum ersten Ghanaischen Bischof von Accra geweiht.
Er war der Nachfolger von Bischof Joseph Bowers, SVD, der von hier nach den West Indischen Inseln ging. (Bischof Bowers ist zur Zeit dieses Schreibens [2011] 101 Jahre alt und lebt wieder in Ghana, er ist gebürtig aus den West Indischen Inseln).
Der Militärputsch von 1966 in dem Kwame Nkrumah gestürzt wurde war nicht der einzige. Es folgten mehre über die Jahre und das hatte zur Folge, das Ghana immer mehr verarmte. Firmen mussten
ihre Tore schließen und Geschäfte die noch weiter machten hatten fast nichts mehr zu verkaufen. Wir waren alle besorgt über die Situation. Ich fasste den Entschluss mit einer Farm zu helfen Mais, Bohnen, Gemüse und andere Sachen zu pflanzen. Im Dezember 1983 begann ich damit. Wir bekamen ein größeres Stück Land, aber es war Semi-Savanne. Da wir in der Nähe des Volta Flusses waren pumpte ich Wasser über eine lange Leitung in einen Weiher. Die Pumpe und die Rohre kamen von Deutschland und waren ein Geschenk unserer Generalleitung in Rom. Von diesem Teich konnten wir dann Reisfelder bewässern und andere Flächen irrigieren. Mein Bruder Matthias kam 1985 auf seinen ersten Besuch und half mir in vielen Dingen. Er brachte meinen Jungens das Elektroschweißen und andere Schmiedearbeiten bei. Nach getaner Arbeit flogen wir beide nach Deutschland, Matthias zurück zu seiner Familie und ich in Urlaub.
Im April 1985 verstarb unsere liebe Mutter in Bietzen. Ich konnte zwei Wochen vorher nach Hause fliegen und war mit meinen sieben Geschwistern um ihr Bett als sie uns verließ. Es waren dieselben Kinder die um das Bett meines Vaters starben als er 35 Jahre früher in demselben Zimmer plötzlich starb. Wir dürfen mit Stolz und Dankbarkeit auf unsere Eltern zurück blicken. Zehn gesunde Kinder kamen zur Welt, zwei mussten ihr Leben im Zweiten Weltkrieg in Russland hergeben. Es war nach dem Tode unseres Vaters unsere Mutter die sich für uns alle sorgte, waren doch die Jüngeren von und nur 12, 10, und 8 Jahre alt als unsere liebe Mutter die volle Verantwortung übernahm. Für sie war kein Opfer zu groß wenn es um die Kinder ging. Als ich 1951 bei den Steyler Missionaren eintrat war es für sie ein großen Opfer, doch sie verstand und war mir immer ein Beispiel von Gottvertrauen und Hingabe. Zur Zeit da ich diese Zeilen schreibe ist ihr Grab auf dem Bietzer Friedhof schon eingeebnet aber sie lebt in unserer Erinnerung weiter.
Im Jahre 1988 nahm ich dann etwas längere Zeit aus und versuchte einiges in meinem eigenen Leben zu verbessern. Ich war in Deutschland und England für die Zeit. 1989 kehrte ich nach Ghana zurück. Ich wurde gebeten eine andere Tätigkeit zu übernehmen. Die Farm wurde nach kurzer Zeit aufgegeben da die Notwendigkeit nicht mehr bestand.
Die Steyler Schwestern hatten ein großes Krankenhaus in der Stadt Nkawkaw in Ghana. Sie hatten öfters um einen Bruder gebeten die technische Leitung des Krankenhauses zu übernehmen. Diese Arbeit wurde mir nun übergeben. Ich musste mich um die Wasser- und Stromversorgung kümmern sowie alle Reparaturen von den einfachsten Dingen bis hin zu den Maschinen im OP und den Laboren. Was wir mit dem eigenen Leuten nicht bewältigen konnten musste ich versuchen Fachkräfte von Firmen kommen zu lassen. Ich wurde auch gebeten neue Gebäude zu errichten. Ich kannte einige Fachleute persönlich die mir viel beibringen konnten über Beton, Verputz, Maurerarbeiten und was immer nötig war. Über die nächsten zehn Jahre bauten wir Häuser für Ärzte und Pflegepersonal. Als Krönung meiner Bauarbeit denke ich an das neue OP und die große Kinderstation. Wir renovierten aber auch fast alle Dächer der älteren Krankenstationen und Gebäuden. Die Wasserversorgung war sehr schlecht. Ein Bohrloch musste her. Es ergab genug Wasser und durch die Errichtung eines Hochbehälters und neuen Leitungen hatten wir das Problem auch gelöst.
Im August 1994 kamen meine Nichte Monika Kiefer und Udo Conrad um in der Pfarrkirche in Nkawkaw ihre kirchliche Trauung zu feiern. Das war für die Bevölkerung auch ein Ereignis.
Gertrud und Dieter kamen 1995 auf Besuch. Beide waren recht beeindruckt, Gertrud mehr von der Vielfalt der Leute und Kultur und Dieter war etwas mehr bedrängt durch die Frage wie die Leute hier leben können, oft in ärmlichen Zuständen. Dieter wurde Pate von einem Jungen der zur Zeit des Aufenthaltes auf die Welt kam. Gertrud gefiel es recht gut und sie kam zwei Jahre später mit Christel wieder auf Besuch. Beide hinterließen die besten Eindrücke bei den Schwestern und den Ange- stellten. Sie konnten auch ihre Kochkünste des Öfteren unter Beweis stellen. Ich hatte bei meinem Heimaturlaub im März 1996 einen Oberschenkelhalsbruch erlitten als ich auf Eis fiel. Der wurde damals zusammengeschraubt, hatte aber nicht recht gehalten. Jetzt musste ich wieder nach Deutschland um eine künstliche Hüfte zu bekommen. Ich flog mit meinen Schwestern Christel und Gertrud Ende September nach Hause. Ich hatte dann eine geglückte Operation durch Dr. Rothschenk in Bernkastel.
In den Ende neunziger Jahren war ich verantwortlich die Neugründung und die Errichtung unseres Theologates in Tamale zu überwachen. Das war 500 km vor Nkawkaw entfernt. Jede zweite Woche fuhr ich mit dem Auto für zwei Tage um mich zu vergewissern, dass die Baufirma gute Arbeit leistet. Ich war Gott immer dankbar wenn ich heil zurück kam und ich darf sagen das ich keinen Unfall hatte bei all diesen Fahrten.
Von 1993 bis 1999 war ich auch in unserem Provinzialrat, so musste ich einmal im Monat an Versammlungen teilnehmen. 1994 wurde ich zum Delegierten zu unserem Generalkapitel in Rom gewählt. Das dauerte etwa sechs Wochen. Ich verband einen Besuch in meiner Heimat mit dem Flug nach Rom. Drei von meinen Geschwistern waren nicht mehr unter uns, Johann, Maria und Matthias.
Nach zehn Jahren im Dienste des Krankenhauses von 1989 bis 1999, wurde ich gebeten die Arbeit des Prokurators für die Provinz hier in Ghana wieder zu übernehmen. Es war die gewohnte Arbeit wie ich sie schon zwischen 1967 und 1977 getan hatte, nur war das Buchungssystem jetzt auf den Computer umgestellt. Es war kein großes Problem mich umzustellen zumal ich auch eine gute Hilfe in einem Indonesischen Bruder John hatte. Ich war Prokurator für sechs Jahre und musste noch ein weiteres Jahr meinem Nachfolger helfen sich in den Job einzuarbeiten.